AIKIDO – schon mal irgendwo gehört

„Verneige dich vor deinem Gegenüber, wenn er vor dich tritt – schicke ihn auf seinen Weg, wenn er dich verlässt.“ Zitat Morihei Ueshiba, Begründer des Aikido

Vor einiger Zeit wurde ich gebeten, etwas über Aikido zu schreiben. Nun, dachte ich, kein Problem. Das war vor einiger Zeit! Lange saß ich vor meinem PC und schaute auf den leeren Monitor. Wie beginnen? Was ist wichtig, was muss unbedingt hinein? Nach vielen Tassen Kaffee und noch mehr Kopfkratzen entschied ich mich. Ich fange bei mir an.

Mein Name ist Andreas Kinder, und ich betreibe von Kindesbeinen an asiatischen Kampfsport unterschiedlichster Art. Irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich nicht mehr „kämpfen“ wollte. Ohne es zu ahnen, war dies der erste Schritt zum Aikido. Es vergingen ein paar Jahre, in denen ich der Matte fernblieb. Aikido war aber so ein Wort, welches mir schon öfter begegnet war und mein Interesse geweckt hatte. Ich kaufte mir dann ein Buch über Aikido, blätterte ein paar Tage darin herum und legte es schließlich wieder weg. Viel zu umständlich und theoretisch. Fazit: Aikido kann man nicht aus einem Buch lernen. Durch einen Zeitungsartikel erfuhr ich von der Existenz eines Aikido-Vereins in Eisenach. Nach längerer Überlegung und ständigem Zureden meiner Frau vereinbarte ich dann einen Termin per E-Mail. Ich wollte halt mal gucken.

Bitte legere Sportkleidung mitbringen, bekam ich als Antwort.

Ach, ich sollte gleich mitmachen. Na das konnte ja lustig werden. Das wurde es dann auch.

Zuerst sollte man über Aikido wissen, dass es kein Kampfsport ist. Es ist eine Kampfkunst. Der Unterschied begründet sich in der Tatsache, dass es keinen Wettkampf gibt. Aikido ist eine rein defensive Art der Selbstverteidigung. Die oft schemaartigen Formen des Angriffs dienen nur dem Erlernen der Techniken. Der Gedanke des Wettbewerbes oder der Rivalität findet im Aikido keinen Raum.

Ich betrat also das Dojo – so nennt man den Trainingsraum in den japanischen Kampfkünsten – und wurde vom Aikido-Meister Frank Albrecht begrüßt. Dann hieß es auch gleich umziehen und auf die Matte. Das erste Mal nach Jahren wieder auf der Matte. Huh, Gänsehaut. Und schon ging es auch los. Aufstellung gegenüber dem Meister in einer Reihe. Angrüßen. Das An- oder Abgrüßen erfolgt zu jedem Trainingsbeginn und -ende. Es ist ein Symbol des Respekts und der Achtung gegenüber den Trainingspartnern. Im Bewusstsein miteinander und nicht gegeneinander zu üben, ist es dem Aikidoka wichtig, dies auch durch eine leichte Verbeugung zum Ausdruck zu bringen.

Handkipphebelwurf

Anschließend begann die Erwärmung. Das ist ein wichtiger Bestandteil eines jeden Trainings, da es den Körper beweglicher macht und hilft, Verletzungen vorzubeugen. Mit den im Anschluss aikidotypischen Dehnübungen kann die Aufwärmphase schon eine halbe Stunde dauern. Weiterhin wird Kraft und Kondition gefördert. Dies geschieht in einem weitgehend selbstbestimmten Rahmen unter Berücksichtigung der Fähigkeiten des Einzelnen. Nun hieß es Fallübungen – vorwärts, rückwärts, seitwärts. Richtig zu fallen ist eine unabdingbare Fähigkeit, welche der Aikidoka beherrschen muss. Die einzelnen Falltechniken zu erklären, würde den Rahmen sprengen, daher hier nur ein paar Anmerkungen. Oft bekomme ich die Frage zu hören:

Das ist doch nur Show, was ihr da macht, wie ihr so über die Matte rollt (fliegt)!

Handkipphebelwurf

Darauf antworte ich mit einem eindeutigen JAIN. Natürlich fällt der Aikidoka absichtlich, dies aber nur zu seiner eigenen Sicherheit. Da Aikido vereinfacht ausgedrückt eine Mischung aus Wurf- und Hebeltechniken ist, besteht die Notwendigkeit, dem Wurf oder Hebel durch kontrolliertes Fallen verletzungsfrei zu folgen. Ohne diese Fähigkeit, welche übrigens lange und schrittweise trainiert wird, würde der Aikidoka ziemlich unsanft auf der Matte landen. Das richtige Abrollen hat ganz nebenbei auch einen positiven Effekt für die Wirbelsäule. Wann haben Sie sich denn das letzte Mal freiwillig über den Boden gerollt? Der Purzelbaum mit der Tochter oder dem Enkel gelten hier aber nicht.

Nach den Fallübungen kamen wir zu den Techniken. Jeder suchte sich einen Partner, und der Meister führte eine Hebeltechnik vor. Ich erwähnte ja schon, dass es lustig war. Also, ab hier kam ich aus dem Lachen und Staunen nicht mehr heraus. Im Unterschied zu anderen Stilen wie Karate, Taekwondo oder Kung Fu wird im Aikido mit einer seltsamen Körperspannung gearbeitet. Und zwar mit einer großen Entspanntheit. Das war mir neu. Anstatt dem Gegner mit Kraft und Härte zu begegnen, nutzt der Aikidoka die Kraft und Bewegung des anderen aus und führt den Angreifer so in eine für ihn unangenehme oder schmerzhafte Position. Ziel ist es also nicht, den Gegner möglichst schnell und effektiv auszuschalten, sondern ihm immer die Chance zu lassen, ohne Verletzung die Sinnlosigkeit seiner Aggression einzusehen und den Kampf zu beenden. Stellen Sie sich mal vor, ein 1,90 m großer Mann mit ca. 95 kg Gewicht versucht, eine kleine zierliche Frau kraftvoll am Handgelenk zu packen.

Können Sie sich das vorstellen? Nun macht die Frau, ohne sich anzustrengen, eine kleine Bewegung mit der Hand und schon hat sie sich befreit. Ha, was habe ich gelacht. Aikido ist also nicht nur etwas für starke und durchtrainierte Leute. Aikido bietet Frauen und Männern jeglichen Alters und Statur – unabhängig von der persönlichen Fitness – die Möglichkeit einer effektiven Selbstverteidigung. Nach dem vorsichtigen Üben der Hebeltechnik und zweier Wurftechniken, was gut 45 Minuten in Anspruch nahm, wurde das Training durch Abgrüßen beendet. – Das war’s also. Ich war durchgeschwitzt, und ich war begeistert. Ich wusste, dass ich am nächsten Tag einen gehörigen Muskelkater haben würde. Damit konnte ich aber leben.

Nun sind schon ein paar Jahre vergangen, und ich bin immer noch dabei. Es macht mir immer noch einen Riesenspaß, und zu lachen gibt es auch immer etwas. Aikido kann man nicht erklären, aber wer sich auf den Weg begibt, begreift schnell seine Möglichkeiten. Aikido kann man auch nicht im Schnellkurs erlernen. Hier mal ein Trick, dort mal ein Kniff. Das funktioniert nicht. Aikido braucht Zeit, da seine Vielschichtigkeit mehrere Bereiche, sowohl der körperlichen wie auch der geistigen Ebenen, miteinander verknüpft.

Wer Aikido übt, lernt seinen Körper neu kennen. Gutes Gleichgewicht, bessere Beweglichkeit, erhöhte Kondition, das sind ein paar positive Begleiterscheinungen, welche aus dem Training resultieren. Der Umgang mit den Aikido-Waffen Schwert, Stab und Messer fördert ein hohes Maß an körperlicher und geistiger Geschicklichkeit.

Vieles wäre noch erwähnenswert, aber das würde mindestens ein Buch füllen. Und wie schon erwähnt, Aikido kann man nicht aus einem Buch lernen. Aikido muss man machen.

Andreas Kinder

Interesse?

Wir trainieren jeden Dienstag von 20:00 – 21:30 Uhr und freitags von 18:30 – 21:30 Uhr im Dojo des Polizeisportvereins Eisenach e.V. in der Stregdaer Allee 2a in 99817 Eisenach.

Was ist mit zu bringen: legere Sportkleidung (T-Shirt & Trainingshose)

Kontakt: Thomas Schreck 0160/7349588

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